Die Geschwindigkeit und Intensität des Wandels erfordern von Unternehmen nicht nur Anpassungsfähigkeit, sondern eine tiefgreifende Neuausrichtung und vermutlich Professionalisierung ihrer Veränderungskompetenz.
Der erste Teil unseres Blogs hat bereits skizziert, welche tektonischen Verschiebungen Change Management beeinflussen. Nun geht es darum, wie diese Veränderungen strukturell verankert werden können, um Change als kontinuierliche Kompetenz zu etablieren. Im dritten Teil werden wir dann die Frage aufwerfen, ob Change Management insgesamt ein neues Framing benötigt – insbesondere mit Blick auf wachsende Veränderungs-Ermüdung.
Zur Erinnerung aus Teil 1: Ob wir das wollen oder nicht, aus der heutigen Gesamtsituation ergibt sich für Firmen ein Bündel an Anforderungen, dem sie nur mit einem exzellenten Veränderungsmanagement erfolgreich begegnen können. Dementsprechend sind dies die Anforderungen, auf denen sich Change Management schnell und professionell weiterentwickeln muss:
Mit den im ersten Teil erläuterten umfänglichen Anforderungen an Change Management wäre es ein Überforderungsszenario, dies alles von einzelnen Führungskräften zu erwarten. Viel wichtiger ist die Frage, wie man das gesamte Unternehmen so ausstattet, dass Change Management jederzeit in bestmöglicher Qualität zur Verfügung steht und ausgeübt wird. Unsere Idee ist es daher, Change Management Kompetenz strukturell im Unternehmen zu verankern. Das bedeutet nicht, dass individuelle Qualifikation für Führungskräfte obsolet wird – im Gegenteil: Sie muss dazu passend mit der organisatorischen Verankerung gedacht und synchronisiert angegangen werden.
Auch organisationale Veränderungskompetenz ist, ähnlich wie "Qualitätsmanagement", eine Systemleistung und in der Verantwortung der gesamten Organisation (und nicht in der Verantwortung von mehr oder weniger qualifizierten/willigen Einzelnen). Hier einige Vorschläge dazu, wie diese Veränderungskompetenz strukturell in der Organisation verankert werden könnte:
Das Change Support Team: Von einzelnen Change-ManagerInnen zu erwarten, dass sie von 0 auf 100 die oben genannten Perspektiven wirklich in der Tiefe und in komplexen Veränderungen professionell alleine abbilden können, wäre ein Überforderungsszenario. Eine realistische Anforderung könnte aber sein, dass die Einzelpersonen darin sich in den einzelnen Anforderungsfeldern exzellent ausbilden: Diese Know-how-Träger gestalten dann die Analyse von komplexeren Veränderungsprojekten, die Konzeption und Durchführung von Interventionen im Support-Team gemeinsam, indem sie ihre jeweiligen professionellen Perspektiven kombinieren und in den Change-Prozess integrieren.
Führungskräfte allgemein: Führungskräfte müssen die Grundlagen des im Unternehmen praktizierten Change-Management-Ansatzes hervorragend kennen und idealerweise in der Lage sein, kleinere und weniger komplexe Veränderungen in ihrer Abteilung eigenständig zu gestalten.
Sie sind es, die ihre Abteilungen und Bedarfe am besten kennen. Sie müssen aufgrund Ihrer Change-Grundlagen-Qualifikation sofort erkennen können, ob es sich um einen Change-Fall handelt, den sie entweder im Rahmen ihrer Qualifikation selbst gestalten oder zu dem sie die im Unternehmen angebotene Unterstützung heranziehen.
Es gibt viele Unternehmen, die eigentlich zu groß sind, um keine professionelle Veränderungskompetenz in ihrem Unternehmen zu haben, aber zu klein sind, um sich das oben vorgeschlagene professionelle Change-Support-Team oder gar eine dauerhafte Begleitung durch externe Change-Berater leisten zu können. Darunter gibt es auch Unternehmensverbünde oder auch die Mitgliedsfirmen von regionalen Industrie- und Handelskammern in einer Region, welche aus unserer Sicht in diese Kategorie fallen.
Wenn es diesen Unternehmen gelänge, zum Thema „organisationale Veränderungskompetenz“ eine funktionierende Kooperation auf die Beine zu stellen, könnten sie sich die Einrichtung eines solchen Support-Teams und die Ausbildung der Mitglieder dieses Teams teilen. Natürlich würde dies deutlich mehr kosten, als wenn sie keine solche Initiative unterstützen würden. Auf der anderen Seite könnten sie in großem Maß von einem solchen Support-Team oder „Change Pool“ profitieren, ohne die volle Kostenlast tragen zu müssen.
Wir haben solche Unterstützungs-Cluster bereits erfolgreich aufgebaut, beispielsweise im Bereich Künstliche Intelligenz. Diese Modelle haben sich bewährt und zeigen, dass es im Verbund eine realistische und wirtschaftlich tragfähige Lösung für Unternehmen ist, sich Veränderungskompetenz professionell aufzubauen.
Die Herausforderungen von heute verlangen eine neue Qualität im Change Management: weg von punktuellen Initiativen, hin zu einer strategischen Kernkompetenz der Organisation. Dies erfordert:
✅ Eine institutionelle Verankerung von Change Management mit klaren Verantwortlichkeiten
✅ Die Entwicklung von Change-Kompetenzen auf allen Führungsebenen
✅ Den Einsatz neuer Technologien und datenbasierter Steuerung
✅ Eine Kultur, die Veränderung als kontinuierlichen Lernprozess begreift
Während wir nun ein stark strukturiertes und systemisch verankertes Change-Management-Modell beschrieben haben, bleibt eine Frage offen: Ist es noch zeitgemäß, Change Management als eine eigenständige Disziplin zu betrachten, oder braucht es ein neues Framing, das der zunehmenden Veränderungsermüdung Rechnung trägt? Diese spannende Perspektive greifen wir in Teil drei auf. Seien Sie gespannt!