Wenn Werte plötzlich wertlos werden...

Thomas Huber
13. Januar 2025

...Was der plötzliche Wandel von Unternehmenswerten wirklich bedeutet (und wie man es besser macht)!

Nach der Beendigung der Faktenchecks auf seinen Plattformen hat der Facebook-Konzern Meta auch seine Programme für mehr Chancengleichheit und Diversität eingestellt. Als Begründung wurde der Wandel der politischen Landschaft angeführt.

Dieser Vorfall wirft wichtige Fragen auf: Wie entstehen Unternehmenswerte? Was passiert, wenn ein Wert plötzlich seine Gültigkeit verliert? Und welche Auswirkungen hat dies auf die Unternehmenskultur, die Glaubwürdigkeit und das Mitarbeiterengagement? Dieser Artikel beleuchtet die Konsequenzen eines abrupten Wertewandels und zeigt, wie Unternehmen einen solchen Wandel glaubwürdig gestalten können.


Die Entstehung von Unternehmenswerten: Mehr als nur leere Worthülsen

Der Ausgangspunkt für eine authentische Unternehmenskultur muss die Unternehmensstrategie sein. Die ihr zugrunde liegenden Werte sind das Fundament für das Miteinander in einer Organisation. Sie helfen, Prioritäten zu setzen und die internen Prozesse im Einklang mit der Unternehmensstrategie auszurichten. Werte prägen das Verhalten, die Einstellungen und das Selbstverständnis aller Mitarbeitenden. Häufig verwendete Begriffe sind „Respekt“, „Innovation“, „Verantwortung“ oder „Kundenorientierung“. Doch wie entstehen diese Werte eigentlich?

  1.  Die Wurzeln der Unternehmenskultur: Von Gründern bis zum gelebten Alltag

    1.1 Der Einfluss von Gründern und Historie
    Oftmals definieren die Gründerpersönlichkeiten die erste Wertebasis. Ihre Überzeugungen, Einstellungen und Handlungsweisen prägen die Unternehmenskultur über Jahre und Jahrzehnte. Ikonische Gründerfiguren haben durch ihr Verhalten Werte wie Pioniergeist, Mut oder gesellschaftliche Verantwortung tief in ihren Unternehmen verankert.
    1.2 Gelebte Werte im Miteinander
    Unabhängig von der Historie entscheiden die gelebten Praktiken und Erfahrungen im täglichen Miteinander darüber, ob Werte tatsächlich Teil der Unternehmenskultur werden oder nur auf dem Papier existieren. Werte, die in Teamprozessen, in Führungsgrundsätzen und im Umgang mit Partnern oder Kunden tatsächlich gelebt werden, wachsen organisch und beeinflussen das Verhalten nachhaltig.
    1.3 Die Dokumentation von Werten: Klarheit schaffen
    In modernen Unternehmen werden die gemeinsam entwickelten Werte häufig in Leitbildern, Mission Statements oder Code of Conduct-Dokumenten festgehalten. Dies dient dazu, Werte bewusst zu machen, schriftlich zu fixieren und intern wie extern zu kommunizieren. Ziel ist es, Klarheit darüber zu schaffen, wofür die Organisation steht und was intern und extern erwartet werden kann. Formulierte Werte sind somit ein Haltungs- und Erlebnisversprechen, das die erfolgreiche Umsetzung der Unternehmensstrategie unterstützt.                                                                                                                                                                                                   
  2. Führung und Werteentwicklung: Vorbild und Dialog

    Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle bei der Formulierung, Vermittlung, Einführung und Weiterentwicklung von Werten. Sie treffen strategische Entscheidungen, gestalten Richtlinien und sind idealerweise Vorbilder für die Belegschaft. Authentische Wertearbeit entsteht jedoch nicht durch Top-down-Anordnungen allein, sondern vor allem durch den intensiven Dialog mit den Mitarbeitenden. Wenn Werte in partizipativen Prozessen diskutiert, formuliert und reflektiert werden, steigt deren Akzeptanz und Glaubwürdigkeit enorm.                                                                                                                                                                  
  3. Die Auswirkungen eines plötzlichen Wertewandels: Vertrauensverlust und Demotivation

    Die Entscheidung einer Unternehmensführung, einen zuvor als wichtig propagierten Wert plötzlich für ungültig zu erklären, sendet starke Signale – sowohl intern als auch extern. Intern können Unsicherheit, Zweifel und Demotivation entstehen. Mitarbeiter fragen sich: „Was bedeutet das für die anderen Werte?“ oder „Wie ernst meint es das Management mit den verbleibenden Werten wirklich?“ Extern kann dies bei Kunden, Partnern und der Öffentlichkeit zu Skepsis und einem Vertrauensverlust führen. Wenn Werte bisher als unumstößliche Säulen der Unternehmenskultur kommuniziert wurden, stellt ein plötzlicher Widerruf die gesamte Wertebasis in Frage.
    3.1 Die Glaubwürdigkeit der Kulturinitiative: Mehr als nur Fassade?
    Die Glaubwürdigkeit einer Werte- und Kulturinitiative hängt maßgeblich davon ab, dass die kommunizierten Werte auch tatsächlich gelebt werden und über einen längeren Zeitraum Konsistenz zeigen. Wird ein Wert hingegen plötzlich gestrichen, entsteht schnell der Eindruck einer reinen „Schaufensterkultur“. Besonders Mitarbeitende, die sich in ihrer täglichen Arbeit für diesen Wert engagiert haben, könnten sich betrogen fühlen. Die Akzeptanz und Identifikation mit den übrigen Werten leidet, wenn deutlich wird, dass Werte beliebig austauschbar sind.
    3.2 Auswirkungen auf Vertrauen und Engagement: Sinnstiftung in der Krise
    Ein abrupter Wertewandel kann das Vertrauen in die Unternehmensführung nachhaltig erschüttern und das Engagement der Mitarbeitenden mindern. Werte vermitteln Orientierung und Sinnstiftung. Wenn jedoch der Eindruck entsteht, dass Werte nur so lange gelten, wie sie nützlich und bequem sind, solange sie den Profit maximieren, hinterfragen die Mitarbeitenden den Sinn solcher Leitlinien. Die Folge kann eine deutliche Distanzierung oder im schlimmsten Fall eine Abkehr von den vermeintlich verordneten Werten sein.                                                                                                                                                                                                                   
  4. Politische Einflüsse und Werte: Opportunismus oder Überzeugung?

    4.1 Der Kontext politischer Veränderungen
    Unternehmen agieren in einem dynamischen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld. Es ist möglich, dass bestimmte Werte unter veränderten Rahmenbedingungen schwerer aufrechtzuerhalten sind oder in Konflikt mit der Ausrichtung einer neuen politischen Führung geraten. Entscheidend ist jedoch, wie ein Unternehmen auf solche Veränderungen reagiert.
    4.2 Die Wahrnehmung der Ernsthaftigkeit: Glaubwürdigkeit auf dem Prüfstand
    Wird der Widerruf eines Werts allein mit einer „sich verändernden politischen Gesamtlage“ begründet, entsteht schnell der Eindruck, dass die Werte der Organisation nicht auf Überzeugung, sondern auf Opportunismus basieren. Intern wie extern stellt man sich die Frage, ob das Unternehmen seine Wertestruktur lediglich an äußere Umstände anpasst, anstatt sich auf grundlegende Prinzipien zu berufen. Dies impliziert eine gewisse Beliebigkeit: Werte scheinen austauschbar, sobald sie nicht mehr dem ökonomischen oder politischen Vorteil dienen.
    4.3 Reaktionen der Belegschaft: Verunsicherung und Distanz
    Gerade Mitarbeitende, die sich aufgrund der formulierten Werte stark mit dem Unternehmen identifiziert haben, könnten diese Begründung als reine Ausrede empfinden. Sobald politischer oder wirtschaftlicher Druck steigt, scheint das Unternehmen bereit, zentrale Werte aufzugeben. Dies kann tiefe Verunsicherung auslösen und die Bereitschaft, sich für die Unternehmenskultur einzusetzen, erheblich schmälern. Eine solche Entscheidung wird mitunter auch als unglaubwürdige „Anbiederung“ an externe Einflüsse wahrgenommen.                                                                                                                                                                                                 
  5.  Ein glaubwürdiger Wertewandel: So geht es richtig

    5.1 Transparente Kommunikation und Einbindung der Belegschaft
    Ein Wertewandel oder eine Anpassung der Wertebasis kann in bestimmten Situationen notwendig sein. Entscheidend für die Glaubwürdigkeit ist jedoch eine offene und transparente Kommunikation mit einer nachvollziehbaren Begründung. Idealerweise bindet das Unternehmen die Belegschaft und weitere Stakeholder in die Diskussion ein. Dies schafft Verständnis für die Hintergründe der Veränderung und minimiert Widerstände.
    5.2 Die Betonung von Kernprinzipien: Das Fundament bewahren
    Gerade in Zeiten des Wandels ist es wichtig, an den grundlegenden Prinzipien festzuhalten. Ein Unternehmen, das sich beispielsweise stets „Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt“ auf die Fahnen geschrieben hat, kann einen neuen Wert oder die Überprüfung bestehender Werte nur glaubwürdig kommunizieren, wenn es das zugrunde liegende Prinzip – Verantwortung – nicht aufgibt.
    5.3 Kontinuierliche Reflexion und Anpassung: Ein dynamischer Prozess
    Werte sind kein starres Konstrukt, sondern müssen kontinuierlich reflektiert und gegebenenfalls angepasst werden. Dabei ist es wichtig, dass Veränderungen plausibel und im Einklang mit der langfristigen Unternehmensstrategie erfolgen. Ein offener, dialogorientierter Prozess, in dem die Leitwerte regelmäßig hinterfragt und gegebenenfalls neu justiert werden, schafft langfristig Vertrauen und Sicherheit.

Fazit: 

Werte sind das Herzstück einer jeden Unternehmenskultur. Sie gewinnen an Wirkung, wenn sie im Alltag authentisch gelebt werden. Eine plötzlich verkündete Entscheidung, einen wichtigen Unternehmenswert „ab sofort“ nicht mehr gelten zu lassen, stellt jedoch die gesamte Kulturinitiative infrage. Die Glaubwürdigkeit leidet enorm, wenn ein zuvor unverzichtbar erscheinender Wert nun als austauschbar oder obsolet betrachtet wird.
Besonders heikel ist die Situation, wenn die Unternehmensführung diesen Wandel mit einer veränderten politischen Gesamtlage begründet. In diesem Fall kann der Eindruck entstehen, dass die Werte nicht aus innerer Überzeugung, sondern rein aus Opportunitätsgründen verfolgt werden. Für die Mitarbeitenden – aber auch für Kunden, Partner und die Öffentlichkeit – wirkt dies schnell unglaubwürdig und konterkariert das Ziel, Vertrauen und Engagement zu stärken.
Wer einen notwendigen Wertewandel verantwortungsvoll gestalten will, muss auf eine transparente, partizipative Kommunikation setzen und deutlich machen, dass bestimmte Kernprinzipien weiterhin Gültigkeit besitzen – auch wenn sich einzelne Werte anpassen. Nur so bleibt die Ernsthaftigkeit des Kulturentwicklungsprozesses gewahrt und die Akzeptanz in der Belegschaft hoch.
Außerdem: Apple hat sich gegen Forderungen gewehrt, seine Programme zur Diversität und Chancengleichheit zu stoppen. Der Konzern rief seine Anteilseigner auf, bei der anstehenden Hauptversammlung Ende Februar gegen einen vorliegenden Aktionärs-Antrag zu stimmen. Spannende Zeiten.

Thomas Huber

Über mich

Thomas Huber. Versteht, dass sich Menschen, Teams und Unternehmen nur gemeinsam entwickeln und entsprechend systemisch ist seine Beratung. Mit Genuss und Neugier hat er eine ziemliche Expertise in allen drei Feldern entwickelt. Neben Strategieentwicklung, Changeprozessen und Teamentwicklung ist die Künstliche Intelligenz in all ihren Anwendungsformen sein Steckenpferd - nicht nur in der Strategieberatung.
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